GDT Meinungsforum

Thema: Drohnen-Revolution beim #wpy57 - Ethische Debatte?

  • Verfasser Nachricht
  • Verfasser:
    Arne Bischoff
    (GDT-Mitglied)
    17.10.2021 um 17:29 Uhr
    Nachricht:
    Die "Shortlist" der renommierten Wildlife-Photographer-of-the-Year-Awards enthielt in diesem Jahr sieben Drohnen-Aufnahmen aus einer Anzahl von 100 Bildern mit dem Prädikat "Highly commended" oder höher. Moderator Chris Packham sprach diese Entwicklung bereits in seiner Anmoderation an. DJI dürfte aus dem Stand Platz drei oder vier der Kamerahersteller erreicht haben. Ich wage die Prophezeiung, dass die Zahl der Drohnenfotos unter den Wettbewerbseinreichungen eher weiter steigen als wieder zurückgehen wird. Die Drohne ist gekommen, um zu bleiben.

    Für mich wirft das Fragen auf. Erst einmal ganz banal: Wie hält es die GDT mit Drohnenbildern in ihren Wettbewerben?

    Aber auch darüber hinaus: Gibt es eine Debatte über die Veränderungen der Naturfotografie-Ethik durch den Drohneneinsatz? Gibt es bereits belastbare Erkenntnisse, wie sich der Drohneneinsatz auf Wildtiere auswirkt? Wie viele Drohnen "crashen" und hinterlassen Elektroschrott in der Landschaft?

    Ich selbst kann die Dinger nicht leiden. Die Vorstellung, Drohnen würden zum selbstverständlichen Werkzeug in der "Toolbox" von ambitionierten Amateur-Fotograf:innen wie Profis gleichermaßen, ist mir ein Graus. Mir sind die Dinger zu laut. In Sachen Persönlichkeitsrecht und Datenschutz sind sie eine Katastrophe und ich habe die Sorge, dass viele Fotograf:innen sie eher rücksichtslos gegenüber Tieren einsetzen werden. Stichwort: Grammable. Ich mache gern meinen Frieden mit ihrem Einsatz, wenn sie Artenschutzzwecken wie der Bestandserfassung dienen aber ihrer wachsenden Verbreitung zu anderen Zwecken sehe ich mit Sorge entgegen. Klar, wenn Amazon erst einmal mit Drohnen Pakete ausliefert, dann dürften die Sorgen eines in dieser Hinsicht altmodischen Naturfotografen schnell an Bedeutung verlieren. Mich interessiert aber Eure Einschätzung, da ich die GDT und ihre Mitglieder als dankenswert sensibel in foto-ethischen Fragen wahrnehme:

    Was ist die Drohne für Euch: Wünschenswertes kreatives Werkzeug oder unliebsame Störung?


  • Verfasser:
    Markus Weyers
    (GDT-Mitglied)
    22.10.2021 um 17:55 Uhr
    Nachricht:
    Ob die Drohnen "gekommen sind, um zu bleiben", kann nur die Zukunft zeigen. Gerade in dem angesprochenen Wettbewerb hat es immer wieder Moden gegeben, z. B. hat mit 2008 und 2009 zwei Mal hintereinander ein (angeblich) mit einer Fotofalle geschossenes Bild das Rennen gemacht - 2009 war das der berüchtigte über einen Zaun springende Wolf, der sich dann hinterher als abgerichtetes Tier herausgestellt hat. Einige Zeit später waren es Unterwasser-Fotos, die "überproportional" ausgezeichnet wurde - wobei ich mir, im Gegensatz zu Dir, nicht die Mühe gemacht habe, eine Statistik zu erstellen.
    Kann sein, dass das mit Drohnen ähnlich sein wird; einige Zeit lang sind sie populär, und dann hat man sich daran satt gesehen.

    Übrigens ist der Einsatz von Drohnen ja wohl in vielen kritischen Bereichen aus gutem Grund verboten – ob und wie das durchsetzbar ist, steht auf einem anderen Blatt. Im Zweifel gilt das elfte Gebot: "Du sollst Dich nicht erwischen lassen..."

    Meine persönliche Meinung dazu ist jedenfalls, dass ich Fotofallen und Drohnenfotos eher nicht preiswürdig finde, mir Unterwasser-Fotos aber sehr gut gefallen. Das spielt aber keine Rolle - ich bin ja nicht in irgendeiner Jury.

    Eine Frage habe ich aber noch: Was heißt „grammable“?


    Der Beitrag wurde zuletzt am 22.10.2021 um 17:57 Uhr bearbeitet.  [Beitrag zitieren]
  • Verfasser:
    Arne Bischoff
    (GDT-Mitglied)
    29.10.2021 um 22:30 Uhr
    Nachricht:
    Hallo Markus,

    Danke für Deine Einschätzung. Auch der GDT-Wettbewerb hatte in diesem Jahr eine große Zahl an Drohnenbildern, darunter ein Kategoriesieger. Auch hier hat Moderator Florian Möllers das noch einmal ausdrücklich hervorgehoben. Bei der Einschätzung würde ich mich aus dem Fenster lehnen. Es mag eine Mode sein, die gerade besonders stark sichtbar ist, weil die Technik noch so vergleichsweise jung ist. Aber Drohnen werden selbstverständlicher Teil der Bildsprache bzw. ein weiteres Werkzeug im Koffer bleiben - da lege ich mich fest.

    Du sprichst die Verbote an - das beruhigt mich allerdings wenig. Wie viele Fotograf:innen halten sich etwa nicht an Wegegebote in NSGs oder Nationalparks?

    Ich finde wichtig, diese Debatte in unseren Communities offensiv zu führen, gerade in Zeiten, in denen bekannte Plätze wie das Dovrefjell dank Instagram zu Freiluftzoos zu verkommen drohen.

    Apropos Instagram: grammable = (Insta)gram+able. Inhalte, die versprechen, auf dieser Plattform besonders zu überzeugen.
    Beste Grüße
    Arne



  • Verfasser: Portrait Sm
    Siegbert Werner
    (GDT-Mitglied)
    21.12.2022 um 12:11 Uhr
    Nachricht:
    Hallo Arne!

    Schon lange her, dass Du dieses Thema eingestellt hast.
    Ich bin selbst Besitzer einer Drohne und habe Erfahrungen damit im Bereich der Tierfotografie gemacht. Auch hier gilt es, wie bei aller Fotografie am Boden, unter Wasser usw., die Fluchtdistanzen einzuhalten und das Wohl der Tiere höher einzuschätzen als eine spektakuläre Aufnahme.
    Und wieder ist man bei dem grundsätzlichen Problem der Fotografenethik. Verbote halten nur ängstliche und verantwortlich agierende Naturfotografen von Überschreitungen ab. "Über-Mutige" und oft auch Rücksichtslose werden zu oft belohnt für Ihre ethischen Untaten.

    Früher waren Luftaufnahmen nur den Reichen vorbehalten und noch immer locken uns die Aufnahmen von rennenden Elefanten, Giraffen und Knus, sowie auffliegenden Flamingos vor den Bildschirm. Warum rannten sie nur und warum flogen sie nur so spektakulär auf?
    Weil Flugzeuge nahe darüber flogen und die Tiere Angst hatten.

    Heute kann sich jeder Fotograf eine Drohne leisten und wenn nicht jeder verantwortlich damit umgeht, wird die sowieso schon stark betroffene Tierwelt in ihren wenigen Rückzugsorten noch zusätzlich gestört.



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